Josef Rief gibt Rede zu Protokoll in der Impfpflichtdebatte

Hier der Text der Rede, die Josef Rief in der Impfpflichtdebatte im Bundestag heute zu Protokoll gegeben hat:

Sehr geehrte Frau Präsidentin/ geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herrn,

seit fast zwei Jahren hat die Pandemie die ganze Welt und auch unser Land im Griff. Auf dem Weg durch die Pandemie haben wir stets dazu gelernt, Herausforderungen bewältigt und mit Hilfe der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung unseren Weg durch diese schwierige Zeit gefunden. Auch wenn wir nicht alles richtig gemacht haben, sind wir dennoch im internationalen Vergleich verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen. Das ist das Verdienst des Großteils der Bevölkerung, der die Maßnahmen mitgetragen hat und der stets angemessenen Haltung der Bundesregierung Merkel und Minister Spahn mit dem Bundesgesundheitsministerium. Unser Dank muss aber allen denjenigen gelten, die in dieser Pandemie an vorderster Front im Gesundheitswesen, in den Intensivstationen und in der Pflege sich der Gefahr gestellt haben und täglich an ihrer Belastungsgrenze und oft darüber hinaus gearbeitet haben. Auch allen diesen Menschen schulden wir es, über eine allgemeine Impfpflicht nachzudenken. Wenn die Menschen im Gesundheitswesen geimpft sein müssen, sollte das auch für breite Bevölkerungsschichten gelten.

Durch unsere konsequente Impfkampagne haben wir tausende Leben gerettet. Leider aber haben wir auch über 117.000 Menschen an die Krankheit verloren und viele haben Langzeitschäden. Dabei sind wir mit ca. 1,4 Todesopfern pro tausend Einwohner vergleichsweise milde getroffen. Selbst in Europa haben wir mit Ungarn (4,2 Tote/tausend) und Bulgarien (4,7 Tote/tausend) traurige Spitzenreiter im gut versorgten Europa. Am Anfang von vielen als Bespiel genannt, die die Maßnahmen der Bundesregierung kritisch sahen, unser Nachbar Schweden, hat seine lasche Haltung am Anfang mit einer hohen Todesrate von 1,5 pro tausend bezahlt. Die schwedische Regierung hat das erkannt, gegengesteuert und mit massivsten Einschränkungen die zweite und dritte Welle abmildern können und ist deshalb europaweit gesehen, insgesamt verhältnismäßig gut gefahren. Wenn man allerdings die skandinavischen Nachbarn Norwegen (0,26 Tote/tausend) und Finnland (0,31 Tote/tausend) mit ähnlichen Bevölkerungsstrukturen heranzieht, weiß man, wieviel tausend Tote, diese lasche, falsche Haltung der Schweden am Anfang gekostet hat. Noch immer sterben weltweit leider Menschen auch an der abgeschwächten Omikron-Variante, weil sie sich nicht impfen ließen oder kein guter Impfstoff zur Verfügung stand und steht.

Ein Großteil der Bevölkerung hat sich geschützt. Dennoch, so sagt uns die überwältigende Mehrheit der Fachleute, benötigen wir eine Grundimmunisierung der Bevölkerung, um auch in Zukunft unserer Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen und Todesfälle und langfristige Gesundheitsschäden möglichst gering zu halten sowie vor künftigen Varianten besser geschützt zu sein. Darum müssen wir zunächst die Grundlagen für eine allgemeine Impfpflicht schaffen. Dazu muss klar sein, wie eine Impfung dokumentiert werden kann – aus technischer und aus rechtlicher Sicht. Brauchen wir ein Impfregister? Können wir etwas im Personalausweis oder Reisepass verankern? Können Daten von Einwohnermeldeämtern herangezogen werden oder ist es möglich, über die Krankenkassen feststellen zu können, wer geimpft ist? Dass seit vielen Wochen diese Fragen noch völlig offen sind, ist ein riesiges Versäumnis der amtierenden Ampel-Regierung, das vielen Menschen das Leben oder die Gesundheit kosten könnte.

Erst wenn diese Fragen geklärt sind, können wir dann beurteilen, ob die pandemische Situation dann eine allgemeine Impfpflicht rechtfertigt und/oder für welche Jahrgänge sie gelten soll.

Zusätzlich muss natürlich ein hochwirksamer Impfstoff zur Verfügung stehen.

Wir sollten, wenn diese Kriterien klar sind, mit großer Mehrheit im Bundestag, von mir aus auch mit einer Zweidrittelmehrheit, die Impfpflicht tatsächlich scharfstellen. Wir müssen aber ebenfalls die Kraft haben, auf eine Impfpflicht zu verzichten, wenn sie sich zu diesem Zeitpunkt als nicht mehr nötig herausstellen sollte oder gute Medikamente zur Verfügung stehen.

Im Augenblick ist klar: Impfen ist unser Weg aus der Pandemie. Auch wenn eine natürliche Infektion schützt, sollte niemand das Risiko eingehen, ungeschützt einen Kontakt mit dem Virus zu riskieren. Grundimmunisierung durch Impfung! Dann verliert auch eine natürliche Infektion ihren Schrecken, die zurzeit uns alle trifft. Darum mein Appell an alle Ungeimpften: Lassen Sie sich impfen! Diesen Aufruf verbinde ich mit dem herzlichen Dank an alle, die sich bereits haben impfen und boostern lassen – und an die Regierung: Machen Sie endlich Ihren Job, für den Sie gewählt wurden. Vielen Dank!